Wort-Gottes-Feier am Sonntag

Immer noch aktuell. Schon 1977 schrieb der damalige Bischof von Rottenburg-Stuttgart Dr. Georg Moser ein Hirtenwort. Daraus ein Auszug:

„Sonntagsgottesdienst – auch wenn kein Priester da ist

Sie können sich vorstellen, liebe Christen, wie schwer es mir als Bischof fällt, Ihnen sagen zu müssen: Trotz unserer Bemühungen kann bereits unter den jetzigen Umständen am Sonntag nicht mehr überall eine Messfeier stattfinden. Was ist da zu tun? Bitte, denken Sie mit, wenn ich versuche, einen Weg zu finden, der uns aus dieser Not herausführt. Wir sprachen es schon mit anderen Worten aus: Eine Gemeinde lebt aus der Gemeinschaft, die sie am Tag des Herrn im Glauben erfährt; sie lebt aus dem Lob Gottes und aus dem Dank, den sie in Wort und Zeichen zum Ausdruck bringt; sie lebt aus der Gabe Gottes, die ihr der Herr in der Verkündigung des Evangeliums und in der sakramentalen Feier schenkt. Eine Gemeinde zerfällt allmählich, wenn sie ihren Glauben nicht mehr als Gemeinschaft bekunden kann. Denn keiner lebt und keiner glaubt für sich allein.

Manche Gemeindemitglieder kommen nun vielleicht auf den Gedanken, sie können an jenen Sonntagen, an denen in Ihrer Kirche keine Eucharistiefeier stattfindet, in eine andere Gemeinde zur Eucharistiefeier fahren. Wenn dies gelegentlich geschieht, lässt sich dagegen gewiss nichts einwenden. Für die Frage aber, die uns beschäftigt, ist damit kein befriedigender Ausweg gezeigt. Die Not der „Restgemeinde“, die keine Fahrgelegenheit findet, wäre dadurch nur gesteigert; der Gottesdienstbesuch würde noch mehr abnehmen und das Gemeindeleben mit Sicherheit erlahmen. Einer solchen geistlichen Auszehrung dürfen wir unsere Gemeinden nicht preisgeben.

In dieser Sorge haben die Bischöfe auf dem II. Vatikanischen Konzil die Regelung getroffen „Zu fördern sind eigene Wortgottesdienste … an Sonn- und Feiertagen, besonders da, wo kein Priester zur Verfügung steht; in diesem Fall soll ein Beauftragter des Bischofs die Feier leiten.“ So wird sich in dieser Feier die Gemeinde ihrer Verbundenheit und Einheit mit den anderen Gemeinden des Herrn bewusst; sie gewinnt aus dem Hören auf das Wort Gottes Weisung und Kraft für ihr Leben und ihr Glaubenszeugnis; sie begegnet Christus und empfängt ihn in seinem Wort und in der eucharistischen Speise, …sie wird im Gebet ihrer Abhängigkeit von Gott und seiner Treue inne; sie bekennt ihren Glauben und preist Gott. So ist auch in dieser Feier der Herr gegenwärtig, es wird wirklich Liturgie gefeiert. Unter den gegebenen Verhältnissen ist darum mit der Teilnahme an einem solchen Wort- und Kommuniongottesdienst der Sinn des kirchlichen Sonntagsgebotes erfüllt.“

Kommen Sie am Sonntag auch zur Wort-Gottes-Feier.

Versammeln Sie sich als Gemeinde in ihrer Kirche vor Ort.

Stolpersteine in der Liturgie „Herr, ich bin nicht würdig“

In dieser Ausgabe des Überblicks ist hier die letzte Folge unserer Serie „Stolpersteine in der Liturgie“ zu lesen. In vergangenen Ausgaben haben wir versucht, Sperriges oder Unbekanntes in unserer Liturgie zu beleuchten und einzuordnen.

„Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Jede und jeder kennt diese Antwort der Gemeinde in der Eucharistiefeier. Oftmals wird es als sehr negativ oder herabstufend empfunden, man soll sich klein machen vor Gott. Vielleicht kann dieser Artikel ein wenig dazu beitragen, diesen Vers in einem anderen Licht zu sehen.

Zu finden ist dieser Vers in jeder Eucharistiefeier vor der Spendung der Kommunion. Johannes der Täufer wird zuvor zitiert, wenn er Jesus als Messias vorstellt (vgl. Joh 1,29): „Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt.“ Daraufhin antwortet die Gemeinde mit dem bereits zitierten Vers. Dieser Vers stammt ebenfalls aus der Bibel und ist in leicht abgewandelter Form bei Matthäus zu finden (vgl. Mt 8,8). Matthäus schreibt über den heidnisch-römischen Hauptmann von Karfarnaum. Sein Diener ist erkrankt und er hat solches Vertrauen in Jesus, dass er ihn um Heilung bittet. In tiefer Demut spricht er: „Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach einkehrst; aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund!“ (Mt 8,8). Jesus ist tief beeindruckt vom Glauben des Hauptmanns und heilt den Diener. Da der Hauptmann weiß, dass Jesus als Jude unrein wird, wenn er das Haus eines Heiden betritt, spricht er: „Ich bin es nicht wert“.

In einer weiteren Übersetzung heißt es: „Ich bin ja nicht genug, dass du unter mein Dach kommst“ Diese Übersetzung kann helfen, dass dieser Satz ein Gebet für mich selber wird. „Ich bin nicht genug. Ich bin mir selber nicht genug. Ich weiß um meine Unvollkommenheit. […] Ich bin nicht genug, aber wenn du, Herr, das, was mir zum Menschsein noch fehlt, auffüllst, dann erfahre ich Heilung“ (Kirche im SWR).

In unserem Leben bleibt eine Lücke, denn keiner von uns ist vollkommen oder perfekt. Wir können darauf vertrauen, dass Gott es ist, der mit seinem heilenden Wirken diese Lücke auffüllt. Dadurch erfahren wir in jedem Gottesdienst Wandlung. Dies verdeutlicht der Satz, wenn wir ihn kurz vor der Kommunionausteilung sprechen. „Gib mir Christus, die Wandlung, das neue Leben“ (Leitfaden Liturgie). „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Und dieses Wort ist Jesus Christus selbst.

Vielleicht nehmen Sie diesen Satz in Zukunft noch einmal anders wahr – als Zeugnis des Glaubens.

Und wir hoffen, dass wir Ihnen mit unserer kleinen Serie den ein oder andere Impuls und Gedanken mitgeben konnten.

Pastoralreferent Christian Verhufen

 

Quellen:

www.katholisch-in-huerth.de/aktuelles/Blog/Kleiner-Leitfaden-Liturgie-Herr-ich-bin-nicht-wuerdig (Leitfaden Liturgie)

www.kirche-im-swr.de (Kirche im SWR)

GROS, Werner, Immer und überall danken. Die Eucharistie verstehen und feiern, Schwabenverlag 2000

Stolpersteine in der Liturgie

Der Friedensgruß: Sinnvoll oder lästig?

Viele Gläubige haben keine Probleme mit ihm, während andere ihn als unangenehmen Zwang empfinden: Der Friedensgruß während der Eucharistiefeier ist zweifellos eine Geste, die Katholiken polarisiert.  Der linke Sitznachbar hustet unaufhörlich in die eigene Hand, den rechten konnte man noch nie so richtig leiden – und dann das: "Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung." Was nun? Bazillen von links in Kauf nehmen, und nach rechts ein unaufrichtiges Händeschütteln? Der Friedensgruß während der Messe bringt wohl nicht wenige Gläubige hin und wieder in eine unangenehme Situation: Die entgegengestreckte Hand kann man kaum ablehnen, gleichzeitig existieren vermeintlich gute Gründe sie nicht zu ergreifen. Ein Dilemma, vor allem auch in Zeiten von Grippe oder Pandemie. Und so mancher wünscht sich, der Priester würde nicht zu diesem Gruß auffordern. Wenn nun Probleme damit einhergehen, wäre die Geste dann nicht auch verzichtbar und wie sieht es damit aus, wenn die Pandemie und Corona vorbei sind?

Fest steht, dass die Zeichenhandlung sich auf uralte Wurzeln berufen kann. Schon das Judentum kannte in vorchristlicher Zeit einen sogenannten "Friedensgruß". In mehreren Passagen des Alten Testament wird die Geste als besondere Form der Ehrerbietung angewendet. (2 Sam 8,10 und 1 Chr. 18,10). Deutlich wird aber, dass diese spezielle Art des Grußes in alttestamentlicher Zeit anscheinend bedeutenden Personen vorbehalten war. Es handelte sich demnach um keine Begrüßung für den "kleinen Mann".

Das änderte sich mit dem Christentum. In den frühchristlichen Gemeinden öffnete sich die Geste gewissermaßen für jedermann. Dabei konnte man sich auf Jesus selbst berufen (Mt 10,12). Das entsprechende Zeichen war aber der Kuss. Zum Friedensgruß ruft auch immer wieder der Apostel Paulus auf (Röm 16,16, 1 Kor 16,20, 2 Kor 13,12). In der mediterranen Welt war und ist ein Kuss zur Begrüßung von Verwandten und Freunden obligatorisch und ist es vielerorts bis in die Gegenwart.

Dass ein solcher Gruß in der Messe notwendig ist, lässt sich aus einer Stelle des Matthäus-Evangeliums ableiten (Mt 5,23f). Jesus selbst betont hier also die Notwendigkeit einer Versöhnungsgeste vor beziehungsweise in einem Gottesdienst. Wird das Jesus-Wort wörtlich genommen, muss die Friedensgeste sogar noch vor der Gabenbereitung – bevor also die Gaben "zum Altar" gebracht werden – erfolgen. Ab der Zeit Papst Gregors des Großen (590 bis 604) war der Friedensgruß in der Messfeier dann unmittelbar vor dem Kommunionempfang angesiedelt – wie noch heute.

Der Friedenskuss war ursprünglich eine Geste, die alle Gottesdienstteilnehmern zukommen sollte. Im ausklingenden Mittelalter ging man dazu über, dass der Friedensgruß nur noch im Altarraum ausgetauscht wurde, nicht mehr von den Gläubigen. So hatte sich die Praxis gewissermaßen wieder zurückgebildet: Wie zu alttestamentlichen Zeiten schien der Friedensgruß den "Oberen" vorbehalten.

Erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) führte mit seiner Liturgiereform das Friedensgebet, den Friedenswunsch des Priesters und die Friedensgeste aller Gottesteilnehmer untereinander wieder zusammen. In diesem Friedensritus erfleht "die Kirche Frieden und Einheit für sich selbst und die ganze Menschheitsfamilie" und die Gläubigen bezeugen "einander die kirchliche Gemeinschaft und die gegenseitige Liebe", ehe sie das Sakrament der Eucharistie empfangen. Die Form des Friedenszeichens sei "von den Bischofskonferenzen entsprechend der Eigenart und den Bräuchen der Völker zu bestimmen". So gibt es heute das klassische Händeschütteln, das im deutschsprachigen Raum der Normalfall ist – gepaart mit den Worten "Der Friede sei mit dir".

Egal, wie man nun dazu steht: Der Friedensgruß hat seine Berechtigung – ja, er ist notwendig – und wird deshalb in der Kirche seit frühester Zeit praktiziert. Er erinnert die Gläubigen daran, dass, wenn sie in voller Gemeinschaft mit Christus stehen wollen, sie zuerst Gott lieben müssen "mit ganzem Herzen und ganzer Seele", allen Gedanken und aller Kraft; dass sie aber gleichzeitig auch ihren Nächsten lieben sollen wie sich selbst (Mk 12,30f). Und das schließt eben auch jenen rechten Sitznachbarn bei der Messe ein, den man eigentlich nie so richtig mochte.

(In Auszügen aus: Tobias Glenz, Katholisch.de Bonn, 01.09.2017)

Stolpersteine in der Liturgie - Cherubim und Seraphim

„Darum preisen wir dich mit den Cherubim und Seraphim und singen mit allen Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit“ - Manch einem kommt dieser Satz aus der Eucharistiefeier bekannt vor. Mit diesem Satz beginnt im Advent eine Variante des Hochgebets. Cherubim und Seraphim – die zwei Namen kennt vielleicht die eine oder der andere, aber was sich hinter Cherubim und Seraphim verbirgt, werden nur wenige wissen. Mir ging es vor diesem Artikel auch so. Am ehesten waren mir die beiden Wesen aus „Großer Gott wir loben dich“ bekannt. Dort heißt es in der zweiten Strophe: „Alles, was dich preisen kann, Kerubim und Serafinen, stimmen dir ein Loblied an, alle Engel, die dir dienen, rufen dir stets ohne Ruh': ‚Heilig, heilig, heilig!‘ zu.“

In der Serie „Stolpersteine in der Liturgie“ beschäftige ich mich heute mit diesen beiden Wesen – den Cherubim und den Seraphim. Mit der Zeit wurden beide zu den obersten Engeln gezählt, auch wenn das so aus der Bibel nicht hervorgeht. Cherubim (vom hebräischen cherub = beten, segnen) sind Diener oder Begleiter Gottes und sie künden von der Gegenwart Gottes. Im Gegensatz zu den Seraphim werden die Cherubim in der Bibel des Öfteren erwähnt, zum Beispiel in Gen 3,24 werden sie zu den Bewachern des Baums des Lebens im Paradies. Über das Aussehen der Cherubim findet sich nicht sehr viel: es handelt sich wohl um Figuren mit Flügeln. Die Flügel lassen wohl nur ein Gesicht, Hände und Füße erkennen. Es bleibt aber offen, ob sie Ähnlichkeiten zu Menschen oder Tieren haben.

Bei den Seraphim (vom hebräischen seraph = Schlange) wissen wir von der Gestalt etwas mehr. Wörtlich übersetzt heißt der Name „die Brennenden“. Sie werden als feurige, sechsflügelige Engel dargestellt. Manche Darstellungen zeigen sie mit Gesicht, Händen und Füßen – manche jedoch nur mit sechs Flügeln. Im Unterschied zu den Cherubim haben die Seraphim nur einen einzigen Auftritt in der Bibel, nämlich in der Berufungsvision des Jesaja: „Serafim standen über ihm. Sechs Flügel hatte jeder: Mit zwei Flügeln bedeckte er sein Gesicht, mit zwei bedeckte er seine Füße und mit zwei flog er. Und einer rief dem anderen zu und sagte: Heilig, heilig, heilig ist der HERR der Heerscharen. Erfüllt ist die ganze Erde von seiner Herrlichkeit“ (Jes 6,2f.). Die einzige Aufgabe der Seraphim ist Gott zu loben. Das wird auch bei Jesaja deutlich und unterstreicht die Bedeutung der Seraphim, denn diese Wesen rufen das dreifache „Heilig, heilig, heilig“ aus. Einer der Seraphim reinigt ein paar Verse weiter die Lippen von Jesaja mit einer glühenden Kohle: „Er berührte damit meinen Mund und sagte: Siehe, dies hat deine Lippen berührt, so ist deine Schuld gewichen und deine Sünde gesühnt“ (Jes 6,7).

Beide sind geheimnisvolle Wesen. Vielleicht tauchen sie deshalb heute meistens zusammen auf, obwohl die einen die Begleiter Gottes, die anderen die „Gottes-Lober“ sind. Und in der Präfation zum Hochgebet dürften richtigerweise eigentlich nur die Seraphim genannt werden, da bei Jesaja nur von ihnen die Rede ist. Diese Tatsache macht jedoch deutlich, dass mit der Zeit die Unterschiede zwischen Cherubim und Seraphim immer mehr verwischt wurden.

Aber nicht nur in der Bibel sind diese Engel zu finden. Der Heilige Franz von Assisi empfängt beispielsweise die Wundmale Jesu (die sogenannten Stigmata) von einem Seraphen, wie das Bild des Malers Giotto von 1295 zeigt.

All das zeigt, dass die Cherubim und Seraphim oft im Zusammenhang mit wichtigen Situationen, oder Ereignissen auftauchen. Gerade im Gottesdienst unterstreicht dies nochmal die Gegenwart Gottes – egal ob ganz besonders im Hochgebet oder während des gesamten Gottesdienstes.

 

Pastoralreferent Christian Verhufen

 

Quellen:

Gross, H., Art. Cherubim, Lexikon für Theologie und Kirche (Bd. 2), Freiburg 1964.

Junker, H., Art. Seraphim, Lexikon für Theologie und Kirche (Bd. 9), Freiburg 1964.

de.wikipedia.org/wiki/Seraph

de.wikipedia.org/wiki/Cherub

www.domradio.de/print/radio/sendungen/kirche2go/kirche2go-die-seraphim

www.pfarrei-laberweinting.de/index.php

de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Assisi

Stolpersteine in der Liturgie

Wie Weihrauch steige mein Gebet zu dir auf

Warum der Priester und die Gemeinde beweihräuchert werden

Manch einen wundert oder stört es, wenn der Diakon oder eine der Ministrantinnen den Pfarrer inzensiert (mit Weihrauch umhüllt). Das riecht nach Klerikalismus oder Personenkult. Ein Blick auf die Bedeutung des Weihrauchs kann diesen Nebel lichten und den Sinn dieses Ritus erschließen.

Weihrauch war seit alters her für kultische Zwecke und zumindest in begüterteren Kreisen im Alltag als aromatisches, desinfizierendes und entzündungshemmendes Räuchermittel und Heilmittel in Gebrauch. Auch im alttestamentlichen Tempelkult hatte er seinen Platz. Die frühen Christen lehnten den Gebrauch des Weihrauches im Gottesdienst ab, da er auch beim Kaiserkult und bei der Verehrung heidnischer Götter­statuen zum Einsatz kam. Bei kirchlichen Begräbnisfeiern wurde der Weihrauch aller­dings auch von Christen verwendet. Erst mit zeitlichem Abstand zu den Christenverfolgungen im Römischen Reich und mit der Übernahme von Elementen des römischen Kaiserkultes in den christlichen Gottesdienst wurde der Weihrauch akzeptiert. In dieser Entwicklung ist wohl auch der Brauch zu erklären, beim Einzug des Bischofs Leuchterträger und Weihrauchfassträger vorauszuschicken. Das ist die Form, in der uns der Weih­rauch zum ersten Mal in einer schriftlichen Quelle in der römischen Liturgie begegnet.

Symbolisch steht der Weihrauch für Reinigung, Verehrung und Gebet. Nach Psalm 141,2 und weiteren Bibeltexten bezeichnet er das zu Gott aufsteigende Gebet der Gläubigen. Im Sinne von 2 Kor 2,14–16 zeigt er an, dass Gott durch die Hingabe Christi die Welt mit dem „Wohlgeruch der Versöhnung“(Ringseisen) erfüllt hat.

Der römische Ritus bringt mit der Weihrauchverwendung unter anderem zum Ausdruck, dass der Mensch eine Einheit aus Leib und Seele ist. Der Gottesdienst richtet sich an alle Sinne. Weil das Wort Gottes in Jesus Christus Mensch geworden ist, muss sich auch der Gottesdienst leiblich erfahrbar ausdrücken. Weihrauch gilt daher als ein Zeichen der Gegenwart Gottes und des Wehens des Heiligen Geistes.

Wann kommt der Weihrauch zum Einsatz, und welche Bedeutung hat dies im Einzelnen? Bei einem feierlichen Einzug besagt die Verwendung des Weihrauchs: Wir ziehen ein zum Haus des Herrn, das ein Haus des Gebetes ist; unser Gebet steige zu Gott empor wie Weihrauch und sei ihm wohlgefällig. Wenn der Altar beräuchernd umschritten wird, heißt das: Dieser Altar ist in den Dienst des Hohepriesters Christus gestellt; an diesem Ort und in den Gaben von Brot und Wein ist er gegenwärtig. Bei der Beräucherung des Evangelienbuches (bzw. des Lektionars) wird darauf hingewiesen, dass es Gottes Wort enthält, dem wir uns ehrfürchtig unterstellen, und dass es für uns Wohlgeruch, d. h. Segen bedeutet. Der Priester wird beräuchert zum Zeichen da­für, dass er im Gottesdienst an Christi Stelle handelt. Wird die versammelte Gemeinde beräuchert, so kommt zum Ausdruck, dass die Getauften das priesterliche Volk und Leib Christi sind.

Es werden also die eucharistischen Gaben sowie alle Christussymbole inzensiert – wie der Altar, das Evangeliar, der Priester, das Altarkreuz, die Osterkerze, die Weihnachtskrippe und die Gemeinde der Getauften. Bei der kirchlichen Begräbnisfeier werden auch der Sarg und das offene Grab mit dem Sarg darin inzensiert, mit den Worten „Dein Leib war Gottes Tempel. Der Herr schenke dir ewige Freude.“

„Falsch wäre es, wollte man den Weihrauch als eine Gabe für Gott, als ein dingliches Opfer betrachten“, stellt Adolf Adam klar. „Wer aber seine mehrfache Symbolkraft kennt, wird ihn als »Predigt ohne Worte« gern bejahen“, als sinnliches Zeichen in einer stark vom Wort geprägten Liturgie, die unseren Glauben ausdrückt und dem Gottesdienst eine besondere Feierlichkeit verleiht.

 

Klaus Kempter

 

Quellen:

de.wikipedia.org/wiki/Weihrauch

Thomas Perler, Damit Zeichen reden, Freiburg (Schweiz) 21980, 56ff.

Adolf Adam, Die Eucharistiefeier. Quelle und Gipfel des Glaubens, Freiburg 1991.

Paul Ringseisen, Morgen- und Abendlob in der Gemeinde. Geistliche Erschließung, Erfahrungen, Modelle, Freiburg 2002, S. 209.

 

Gebet überwindet Angst

Dem Gebet gelingt es, Ängste zu überwinden und sie in Verfügbarkeit umzuwandeln. Darüber hat Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz gesprochen. Thema seiner Katechese war an diesem Mittwoch Maria als „Frau des Gebets“. Eine „Priesterin" sei die Muttergottes aber nicht gewesen.

Lange bevor der Engel bei Maria eintritt und der jungen Frau ihre besondere Sendung in der Welt verkündet, ist das Mädchen aus Nazaret längst eine Betende. Ein für die Welt verborgenes Leben. „Eines ist sicher“, so der Papst: „Maria gehört zu der großen Schar jener demütigen Herzen, die amtliche Geschichtsschreiber nicht in ihre Bücher aufnehmen, mit denen Gott aber das Kommen seines Sohnes vorbereitet hat.“

Marias Wort der Bereitschaft, „hier bin ich", bezeichnete Franziskus als „vollkommenen Akt vertrauenden Gehorsams“, voller Offenheit für Gottes Willen – ein Vorbild für alle, die beten. „Es gibt keine bessere Art zu beten, als sich selbst wie Maria in eine Haltung der Offenheit zu versetzen: ,Herr, was Du willst, wann Du willst und wie Du willst'. Wie viele Gläubige leben ihr Gebet auf diese Weise! Nicht zornig werden, weil die Tage voller Probleme sind, sondern der Realität entgegengehen und wissen, dass wir in demütiger Liebe, die uns in jeder Lebenslage geschenkt ist, zu Werkzeugen der Gnade Gottes werden.“

„Es gibt keine bessere Art zu beten, als sich selbst wie Maria in eine Haltung der Offenheit zu versetzen: ,Herr, was Du willst, wann Du willst und wie Du willst´“

Gebet verwandelt den Menschen von innen her, so Franziskus sinngemäß. „Dem Gebet gelingt es, Ängste zu überwinden - wir sind ängstlich, immer wollen wir die Dinge, noch bevor wir darum gebeten haben, sofort, sofort! Aber so ist das Leben nicht. Diese Angst tut uns nicht gut, und dem Gebet gelingt es, die Ängste zu überwinden und sie in Verfügbarkeit umzuwandeln.“

So sei es auch Maria von Nazaret ergangen. Sicherlich habe sie vorausgesehen, dass ihr „Ja“ zu harten Prüfungen führen würde. Im Gebet habe sie ihren Sohn Jesus im Leben und Sterben begleitet, bis unters Kreuz und zur Auferstehung. „Und am Ende begleitet sie die ersten Schritte der entstehenden Kirche. Sie betet mit den Jüngern, die den Skandal des Kreuzes durchlebt haben. Sie betet mit Petrus, der vor Angst zusammenbricht und aus Reue weint. Maria ist da, unter den Männern und Frauen, die ihr Sohn berufen hat, seine Gemeinde zu bilden." 

„Maria ist nicht die Priesterin unter ihnen, nein! Sie ist die Mutter Jesu, die mit ihnen in Gemeinschaft betet“

Dabei erhob die Muttergottes nicht den Anspruch, mehr zu sein als die anderen, verdeutlichte der Papst. „,Maria ist nicht die Priesterin unter ihnen, nein! Sie ist die Mutter Jesu, die mit ihnen in Gemeinschaft betet, als eine Frau aus der Gemeinschaft. Sie betet mit ihnen und für sie. Und wieder geht ihr Gebet der Zukunft voraus, die sich an ihr erfüllt: Durch die Kraft des Heiligen Geistes ist sie Mutter Gottes geworden, und durch die Kraft des Heiligen Geistes wird sie Mutter der Kirche.“

Stolpersteine in der Liturgie

Credo: Die heilige, katholische Kirche

Das Glaubensbekenntnis gehört selbstverständlich zu einem Sonntags- oder Festgottesdienst. Nachdem die biblischen Lesungen vorgetragen und das Wort Gottes in der Predigt auf die heutige Lebenssituation hin (hoffentlich) klar ausgelegt wurde, ist das Credo die Antwort der Gemeinde darauf: „Ich glaube!“

So selbstverständlich dieses Gebet miteinander gesprochen wird, so einfach zugänglich ist vielen nicht, was wir da bekennen. Mit dem einen oder anderen „Artikel“ des Glaubensbekenntnisses werden nicht wenige so ihre Schwierigkeiten haben und fragen: Was bedeutet das denn: „geboren aus der Jungfrau Maria“? Wie soll ich das verstehen: „seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn“? Da braucht es dann eine Erschließung, theologische Bildung, ein wenig Kirchen- und Dogmengeschichte. Manche empfinden das Credo auch nicht unbedingt als einen Text, mit dem sie „ihren“ Glauben zum Ausdruck bringen. Vom Wirken Jesu und seiner Reich-Gottes-Verkündi­gung steht da doch gar nichts drin. Die weiblich-mütterliche Seite Gottes kommt nicht vor. Die Vielfalt an Gotteserfahrungen kommt zu wenig zum Ausdruck. So könnten die Einwände lauten.

Da hilft ein Blick in die Geschichte. Das Apostolische Glaubensbekenntnis geht auf die Aussagen der Apostel über Jesus zurück. Auf die Sätze haben sich die Christen der frühen Kirche geeinigt, um sich in ihrem Glauben zu vergewissern. Sie wurden über die Jahrhunderte weitergegeben. Allerdings wurde das Credo „verhältnismäßig spät in die Messfeier aufgenommen. Zuerst kommt es in östlichen Liturgien vor (Anfang des 6. Jh.), am Ende des 6. Jh. auch in Spanien. In die römische Liturgie fand es erst kurz nach der Jahrtausendwende Eingang, und zwar in der Form des großen Glaubensbekenntnisses, das auf den allgemeinen Konzilien von Nicäa (325) und Konstantinopel (381) seinen Ursprung hat und deshalb auch »Nicänisch-Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis« genannt wird. Ursprünglich war es Taufbekenntnis im Osten, während bei den Taufen im Westen das »Apostolische Glaubensbekenntnis« gesprochen wurde. Mit dieser Herkunft hängt auch die ursprüngliche Ich-Form zusammen“(Adam).

Erzbischof Ludwig Schick schreibt zum Credo: „Beide Glaubensbekenntnisse werden gewöhnlich in drei Abschnitte und zwölf Artikel untergliedert. Die Abschnitte sind den drei göttlichen Personen, Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist gewidmet. Die Unterteilung in zwölf Artikel ist bereits bei Bischof Ambrosius von Mailand (339-397) zu finden. Die Legende verbindet die zwölf Artikel mit den zwölf Aposteln, die ihre Wahrheit garantieren. "Zwölf" ist außerdem die Zahl der Vollkommenheit.

Beide Glaubensbekenntnisse sind Kompendien, Zusammenfassungen des christlichen Glaubens in Kernsätzen. Sie wurden verfasst, um mit ihnen die wesentlichen Punkte des Christentums auszudrücken. Sie sollten jedem Christen ermöglichen, die Hauptinhalte des Glaubens auswendig zu lernen, um sie immer im Bewusstsein zu haben und jederzeit frei aufsagen zu können.

Beide Glaubensbekenntnisse sind in einem längeren Entwicklungsprozess entstanden, was man besonders an den Erweiterungen des Nizäno-Konstantinopolitanischen ablesen kann. Die Erweiterungen wurden hinzugefügt, um die Inhalte der zwölf Artikel zu vertiefen oder um Irrlehren, die im Laufe der Zeit auftraten, abzuwehren.“

Ein „Knackpunkt“ ist für viele, was im dritten Abschnitt über die Kirche gesagt wird. Dort bekennen wir: „Ich glaube an die heilige katholische Kirche“. An der Bezeichnung „heilig“ stoßen sich die einen, weil es in der Kirche doch so viel Sünde und so viele Vergehen gibt, wofür wir gerade in unseren Tagen durch den Missbrauch-Skandal sehr sensibilisiert wurden. Das Bekenntnis zur „katholischen“ Kirche stört wieder andere, vor allem in ökumenischen Gottesdiensten, weil dies so konfessionell klingt und andere ausschließt.

Zwei Gedanken dazu.

Heilig ist die Kirche nicht, weil sie ohne Fehler und Sünde wäre oder ihre Mitglieder in moralischer Hinsicht tadellos. Da spricht ja schon unsere Erfahrung dagegen. Als heilig wird sie bekannt, weil Kirche für die Glaubenden der Raum ist, in dem sie mit Gott, dem Heiligen, in Berührung kommen. Durch den Dienst der Kirche, in ihren Sakramenten erfahren sie das Heil, das Gott uns schenkt. Kirche ist - bei aller Begrenztheit – ein Heilsraum, in dem Menschen heil werden können. Christen erfahren sich von Gott erwählt und ihm zugehörig, zwar in der Welt, aber nicht aus der Welt, wie es Johannes sagt (Joh 17,11.14-15). In diesem Sinne sind sie Heilige (vgl. Röm 8,27) und die Kirche heilig.

Katholisch ist Kirche nicht zuerst, weil sie ihren Sitz in Rom hat und als Oberhaupt den Papst. „Ignatius von Antiochien (um 110) wendet das Wort »katholisch« erstmals auf die Kirche an. Es meint ursprünglich: »was dem Ganzen entspricht«. Gemeint ist ein Doppeltes: die ganze, weltweite und universale Kirche, welche den ganzen, wahren und echten Glauben verkündet. Die wahre Kirche ist also katholische im Unterschied zu den Gemeinschaften, die nur einen Teil der Wahrheit herausschneiden oder nur für ein bestimmtes Volk, eine bestimmte Kultur, eine bestimmte Schicht und dergleichen Kirche sein wollen“(Erwachsenenkatechismus). Durch die Trennungen und Spaltungen in der Kirche Jesu wird diese „Katholizität“ natürlich verdunkelt. Und in der Reformation wurde das „katholisch“ im Credo konfessionell verstanden (als römisch—katholisch). Deshalb beten die evangelischen Christen an dieser Stelle auch: „Ich glaube an die heilige christliche Kirche“ (oder „allgemeine Kirche“ oder „allgemeine christliche Kirche“). Ich sage aber immer, sie können, wenn sie bei uns mitfeiern, sich ohne Bedenken im Credo auch zur „katholischen Kirche“ bekennen – eben in dem weiten und ursprünglichen Sinn dieses Wortes, das ganz früh seinen Eingang ins Glaubensbekenntnis gefunden hat, noch lange bevor es die Trennung zwischen der römisch-katholischen Kirche und den Kirchen der Reformation gegeben hat. Die orthodoxen Christen, die das Nizäno-Konstantinopolitanische Credo sprechen, beten an dieser Stelle ebenso „Und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“.

Zum Schluss nochmals Erzbischof Schick: „Die beiden Glaubensbekenntnisse sind ein Knochengerüst, das mit Fleisch und Blut umgeben werden muss. Bei jedem Christen, der das Glaubensbekenntnis spricht, sollen die nüchternen »Artikel« Assoziationen zu Texten der Bibel, zur Liturgie, zur Tradition und zum ganzen Glaubensschatz der Kirche wecken.“

 

Pfarrer Klaus Kempter

 

Quellen:

www.katholisch.de/artikel/6564-das-glaubensbekenntnis (Erzbischof Ludwig Schick)

Deutsche Bischofskonferenz (Hg.), Katholischer Erwachsenen-Katechismus, 1985.

Adolf Adam, Die Eucharistiefeier, Freiburg 1991.

 

Stolpersteine in der Liturgie: "Agnus Dei - Lamm Gottes - Brotbrechung"

Es ist zu vermuten, dass der Großteil der Gottesdienstbesucher den lateinischen Ausdruck Agnus Dei relativ problemlos ins Deutsche übersetzen könnte: Lamm Gottes eben. Und wenn es eine Umfrage geben würde, an welcher Stelle im Gottesdienst das Lamm Gottes gebetet wird, würde der Großteil spontan die Antwort wissen. Genau, nach dem Friedensgruß, und vor der Kommunionspendung.

Doch ist es wahrscheinlich weniger bekannt, dass das Agnus Dei nur die Begleitung für einen Ritus ist, der manchmal unbemerkt stattfindet, nämlich das Brotbrechen. Ursprünglich wurde das Agnus Dei solange gesungen, wie die Brotbrechung dauerte. In den frühen Zeiten wurden noch Brotfladen gebrochen und ausgeteilt, so dass die Brotbrechung eine gewisse Zeit in Anspruch nahm. Der Akt des Brotbrechens geht auf Jesus zurück. Er selbst hat beim letzten Abendmahl das Brot gebrochen, und so ist das Brotbrechen die Erinnerung an das letzte Abendmahl, und daran, dass sich Jesus, das Brot des Lebens, für uns hingegeben hat. Das eine Brot wird gebrochen für alle, alle haben Anteil an dem einen Leib. Früher hieß die Eucharistiefeier auch nur das Brotbrechen. Im neuenten und zehnten Jahrhundert kam man vom großen Brotlaib ab und verwendete vermehrt die kleinen Hostien. Gebrochen wurde nur noch die größere Priesterhostie, weshalb das Agnus Dei dann auf dreimaliges Wiederholen beschränkt wurde.

Das Agnus Dei, als Begleitung für das Brotbrechen, soll hinweisen auf Jesus, der gebrochen wird für alle Menschen. Dabei wird Jesus als das Lamm Gottes bezeichnet. Dieser Ausdruck geht zurück auf Johannes den Täufer, der Jesus auf sich zukommen sah, und sagte: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Joh 1,29). Schon im Alten Testament, im Buch des Propheten Jesaja, wird der leidende Gottesknecht, was auf den Messias deutet, mit einem Lamm verglichen: „Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt“ (Jes 53,7). Das Lamm das geschlachtet wurde, ist auch das Zentrum des Passahfestes. Das Passahfest wird gefeiert in Erinnerung an den Auszug der Israeliten aus Ägypten, an ihre Befreiung aus der Sklaverei. In der Nacht als dies geschah, sollten sie ein Lamm schlachten und mit dem Blut des Lammes ihre Türpfosten bestreichen, damit sie vom Tod verschont bleiben (vgl. Ex 12,1-13). So soll dieses Fest hinweisen auf das wahre Passahlamm, das geopfert wird. So findet sich das geschlachtete Lamm auch in der Offenbarung des Johannes, als Bild des Erlösers wieder: „Ich sah ein Lamm, wie geschlachtet“ (Offb 5,6). So ist der Begleitruf, das LammGottes, ein Ruf an Jesus, als Erlöser, um sein Erbarmen. Sein Blut, vergossen zur Vergebung der Sünden. So wie das Blut des Lammes die Israeliten vor dem Tod bewahrte, so bewahrt das Blut des LammGottes die Menschen vor dem ewigen Tod. Dieses Erbarmen findet seinen Ausdruck in dem Frieden, den Jesus gibt, den Frieden zwischen Gott und den Menschen. So lautet der Ruf zweimal: „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme Dich unser“, und beim dritten Mal: „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib uns Deinen Frieden“.

Die Bitte um sein Erbarmen zieht sich durch den gesamten Gottesdienst. Nicht so sehr um uns unsere Schlechtigkeit ständig vor Augen zu führen, sondern um zu erkennen, dass wir nichts tun können. Das, was ER, Jesus, getan hat, das genügt. Ihn, Christus den Herrn, rufen wir im Kyrie um sein Erbarmen. Im Gloria, im Lobpreis wird das Lamm Gottes, das unsere Sünden hinwegnimmt, besungen als freudiger Ausdruck des Wissens um sein Erbarmen, nicht so sehr als bangendes Hoffen darum. Nach dem Vaterunser, mit der Bitte um die Vergebung der Schuld, und nach dem Friedensgruß mit der Friedenszusage, hat das Agnus Dei an der Stelle in der Liturgie seinen Platz gefunden, wo Jesus, das Lamm Gottes, für uns gebrochen und anschließend an alle ausgeteilt wird.

Um die Einheit von Leib und Blut aufzuzeigen, nimmt der Priester von dem gebrochenen Brot ein kleines Stückchen und gibt es in den Kelch. Die Kirchenväter sahen darin ein Symbol für das Einswerden der irdischen und der himmlischen Natur in Christus. Anselm Grün schreibt dazu: „Für die Alten war das ein Bild für die Auferstehung Christi. Wenn Leib und Blut Bilder für die Hingabe Jesu am Kreuz sind, dann symbolisiert das Eintauchen des Brotes in den Wein das Zusammenkommen von Leib und Blut Jesu in der Auferstehung. Für mich ist das ein schönes Bild, dass die Brüche meines Lebens geheilt werden, wenn sie eingetaucht werden in die Liebe Christi, von der der Kelch voll ist“.

 

Klaus Hohl

Quellen

- Werner Groß, Immer und überall danken.  Die Eucharistie verstehen und feiern, Schwabenverlag 2000.

- Pater Anselm Grün, Sakramente.  Die Eucharistiefeier. Verwandlung und Einswerden, Vier-Türme-Verlag 2000.

 

Stolpersteine in der Liturgie

„Schuldbekenntnis“/Bußakt

Wie oft kommt es vor, dass wir unbewusst und ungewollt jemandem beleidigen, ihm oder ihr auf den „Schlips treten.“, dass es in der Familie, im Freundeskreis, bei der Arbeit Streit oder zumindest „böses Blut“ gibt und schnell hat man den anderen, die andere gekränkt. Wie schwer ist es dann oft, die Sache wieder zu bereinigen, wie schwer fällt es uns über den eigenen Schatten zu springen, unseren Stolz zu überwinden, vor allem wenn wir glauben, im Recht zu sein… „der hat angefangen“. Das alles kennen wir.

Welche Bedeutung hat die Frage vom Schuldigwerden und der Vergebung in der Gemeinde und im Umgang mit den Mitmenschen? Wie sollen wir miteinander umgehen? Die Antwort Jesu: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“ sollt ihr vergeben (Mt18, 21ff).
Aber: Stößt nicht unsere eigene Vergebungsbereitschaft immer wieder an Grenzen?

Vergeben heißt weggeben. Das griechische Wort für vergeben heißt, wörtlich übersetzt, „loslassen.“ Die Macht des Vorwurfs weggeben, damit wir nicht über dem anderen stehen. Das „Siebenundsiebzigmal" des Herrn ist also in erster Linie keine Quantifizierung, sondern eine Aussage über die Qualität unserer Vergebung. Wir sollen dem anderen das geben, wovon wir selber am meisten leben und was wir täglich brauchen: Vergebung als Frucht der Versöhnung. Das Gleichnis Jesu verdeutlicht dies.

Wir beten in jedem Vaterunser: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Eigentlich kennen wir die Gebote Gottes, aber oft übergehen und übersehen wir sie.

Um uns unseres Verhaltens bewusster zu werden, ein christliches Denken und Handeln einzuüben und uns immer wieder zu prüfen, hat sich bei der Messe das Schuldbekenntnis entwickelt: Aus dem Bewusstsein und dem Wunsch, von Sünde und Schuld befreit, den Gottesdienst zu feiern, die Probleme, die wir selber nicht oder nicht mehr lösen können, Gott zu übergeben um dadurch eine Lösung herbeizuführen.

War vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil das Schuldbekenntnis ein Teil des privaten Stufengebets des Priesters, wurde es danach wieder als Bußakt ein Element der Gemeindeliturgie. Es wurde ein Element der tätigen Teilnahme und gemeinsamen Vorbereitung der Gläubigen auf die Eucharistiefeier. Heute wird es oft weggelassen und das Kyrie übernimmt seinen Platz. Vielleicht, weil es uns oft schwer fällt etwas zuzugeben, vor uns selbst, vor anderen… vor Gott?

Das Schuldbekenntnis in der Ich-Form ist eigentlich da, um deutlich zu machen, dass jeder Schuld auf sich lädt und dadurch die Vergebung nötig hat. Wir wenden uns an „Gott, der allein die Schuld vergibt“, auch wenn wir selber uns oder anderen nicht vergeben können. Die Bitte um das Gebet der Gemeinde zeigt, dass wir das Glied einer Kette sind, nicht allein. Schwestern und Brüder, die Sünde des Einzelnen betrifft alle und belastet alle, darum das Gebet aller für alle.

Ich bekenne Gott dem Allmächtigen und allen Brüder und Schwestern, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe. Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld. Darum bitte ich die selige Jungfrau Maria, alle Engel und Heiligen und euch Brüder und Schwestern, für mich zu beten bei Gott, unserem Herrn.

Wichtig ist dabei, dass das Schuldbekenntnis nicht nur die „Sünden in Gedanken, Worten und Werken“, sondern auch die „durch Unterlassung“ einschließt. Die Schuld des Einzelnen kommt zur Sprache, wo er das Gute versäumt und das Böse zugelassen hat. Wo er nicht geholfen hat, weggeschaut hat.

Aus eigener Erfahrung wissen wir meist sehr gut, was es heißt, wenn Schuld oder ein begangener Fehler uns belasten, wenn es uns im Kopf herumgeht: „Was denkt mein Gegenüber jetzt von mir? Wie kriege ich das wieder hin? Wie kann das wieder gekittet werden.“ Im Bußakt gibt es einen Gestus, der uns „aufwecken soll“, unser Inneres, das wir Gottes Aufruf zu Reue und Sinneswendung vernehmen, uns an ihn wenden. Es ist das dreimalige an die Brust klopfen.

„Wir bekennen vor der Gemeinde, dass wir des Erbarmens Gottes und der Vergebung der Brüder und Schwestern bedürfen.“  Damit wir die Dinge die falsch gelaufen sind im zwischenmenschlichen Bereich, aber auch im Verhältnis mit Gott wieder zurechtrücken und es positiv weitergehen kann.

Da sind wir wieder bei Vergeben und Eingestehen von Schuld. Der tiefste Grund dafür ist: Wir sollen dem anderen das geben, wovon wir selber am meisten leben und was wir täglich brauchen. Und dies ist Vergebung als Frucht der Versöhnung. Darum wäre es einer Überlegung wert, ob es nicht gerade in der gegenwärtigen Zeit wichtig wäre, dieses Schuldbekenntnis im Gottesdienst wieder öfter zu beten, um das Bewusstsein für unser eigenes Handeln und das Handeln in der Gemeinschaft zu stärken.

Es ist zuerst die Aufgabe der Christinnen und Christen, Schluss zu machen mit der Vorstellung, Schuld und Versagen sei immer zuerst und nur bei „den Anderen“ zu suchen. Versöhnen wir uns mit Gott, mit uns selber und den anderen. Wir sind von Gott geliebt und hoffentlich auch von guten Mitmenschen. Wenn Gott und andere gut zu uns sind, dürfen wir es wagen, im Laufe unseres Lebens immer vorbehaltloser zu anderen gütig, barmherzig zu sein. Wir dürfen es wagen anderen zu vergeben und Versöhnung zu suchen, wenn wir einem anderen etwas vorzuwerfen haben oder an ihm schuldig geworden sind. Wir erfahren dann Vergebung als das schönste Geschenk!

Hanno Hesterberg

Zitate aus: Werner Groß, Immer und überall danken. Die Eucharistie verstehen und feiern, Ostfildern 2000.

Stolpersteine in der Liturgie

Wen sprechen wir denn an?

Zum Vater, Sohn und Heiligen Geist beten

Ich schmunzle manches Mal in mich hinein. Da eröffnet der Gottesdienstleiter die Fürbitten mit „Gott, unser Vater, wir kommen zu dir“. Und dann heißt es nach jeder Bitte: „Christus, höre uns.“ Oder da beginnt ein Tagesgebet mit „Herr Jesus Christus“, und dann passe ich nicht auf und ende mit den Worten, die sich an Gott-Vater richten: „Darum bitten wir dich (Vater!) durch Jesus Christus, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.“ Trinitarisch beten scheint gar nicht so leicht. Wäre es nicht besser, einfach nur Gott anzusprechen – oder den Vater oder Jesus oder den Heiligen Geist?

Im persönlichen Beten geschieht das auch. Da bete ich in bestimmten Situationen schlicht zu Jesus, meinem Herrn oder meinem Bruder. Oder ich rufe zum Heiligen Geist, der mich mit seiner Kraft erfüllen soll. Oder ich weiß mich beim Vater im Himmel gut aufgehoben. In der Liturgie, im öffentlichen Gottesdienst der Kirche wird auch eine der drei göttlichen Personen angesprochen, in der Regel Gott, der Vater. Aber das liturgische Beten verwendet immer wieder die trinitarische Formel und bringt damit unseren Glauben an den dreifaltigen Gott zum Ausdruck, an den Gott, der als Vater unser Schöpfer ist, als Sohn unser Bruder, Heiland und Herr, als Heiliger Geist unser Tröster und unsere Kraft.

Wenn wir den Gottesdienst oder unser Gebet beginnen oder uns bekreuzigen, sagen wir: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Das Psalmgebet endet mit dem „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.“ Am Ende des eucharistischen Hochgebets spricht oder singt der Priester: „Durch ihn und mit ihm und in ihm (Christus) ist dir Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes, alle Herrlichkeit und Ehre, jetzt und in Ewigkeit.“ Und so endet auch das Tagesgebet zu Beginn der Messe: „Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes, mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.“

Das ist seit Anfang der Kirche so. Damit bekennt die Gemeinde lobpreisend den dreifaltigen Gott und bringt ihren christlichen Glauben zum Ausdruck. Noch etwas genauer sagt ein Liturgiewissenschaftler: „Das liturgische Beten bringt den der Liturgie insgesamt zugrundeliegenden trinitarischen Glauben auch darin zum Ausdruck, dass es in fast allen Liturgiefamilien [d. h. den verschiedenen westlichen und östlichen Riten der Kirche] an Gott als Vater gerichtet wird, Christus in der Schlussformel als Gebetsmittler und den Heiligen Geist als nachösterlichen Garanten des Betens nennt.“ Wir beten zu Gott, dem Vater, durch Jesus Christus im Heiligen Geist bzw. in der Einheit des Heiligen Geistes. Ein anderer Theologe formuliert: „Der dreifaltige Gott tritt in Kommunikation mit der Welt „aus dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist“, und umgekehrt geht das Gebet des Menschen „im Heiligen Geist durch den Sohn an den Vater“.

Alles nur theologische Spielerei? Sicher nicht. So zu beten, zeigt das Bemühen der Kirche, ihren Glauben auch im Gottesdienst unverkürzt zur Sprache zu bringen. Zudem macht es uns immer wieder klar, was christlich glauben bedeutet. So wie Gott, der Vater, zu uns in Jesus Christus, seinem Sohn, gesprochen und sich in ihm uns zugewandt hat, so finden wir den Weg zu diesem Gott durch Jesus Christus, der uns – auch im Gebet – den Weg zum Vater zeigt. Dass diese Begegnung erfahrbar wird, uns tröstet, heilt und stärkt, das ist nur im Heiligen Geist möglich. Er lässt in seiner Kirche weiterwirken, was Gott durch Jesus Christus begonnen hat.

Pfarrer Klaus Kempter

Stolpersteine in der Liturgie

Sie bekommen Besuch von guten Freunden. Wenn Ihr Besuch bei Ihnen eintrifft, steht als erstes die Begrüßung an. Gerade, wenn man sich lange nicht gesehen hat, ein besonderer Moment. Vielleicht ein Moment der Freude, vielleicht ein Moment des Glücks. Aber auch bei Begegnungen im Alltag steht oftmals zuerst die Begrüßung an.

Die reicht von einem kurzen „Hallo“, „Hey“, oder „Guten Morgen“ bis hin zu „Schön, dass Sie da sind“ oder „Herzlich willkommen“.

Im Gottesdienst ist es nicht viel anders. Wenn wir in die Kirche kommen, begrüßen wir uns oft schon beim Hineingehen. Doch die eigentliche und wichtige Begrüßung findet im Gottesdienst statt. Jeder kennt sie und antwortet ohne großes Nachdenken von selbst:

„Der Herr sei mit euch.“ – „Und mit deinem Geiste.“

Genau um dieses Wort unseres Gottesdienstes soll es dieses Mal in der Reihe „Stolpersteine in der Liturgie“ gehen. Wir freuen uns auf Rückmeldungen und weitere Ideen. Teilen Sie uns gerne auch mit, worüber Sie in der Liturgie, im Gottesdienst der Kirche, immer wieder stolpern.

Nach dem Kreuzzeichen sind die ersten Worte jeder Eucharistiefeier „Der Herr sei mit euch.“ Im Gegensatz zu unseren Begrüßungen im Alltag geht es in der Liturgie nicht um eine Begrüßung des Pfarrers an die Gottesdienstgemeinde – auch wenn er diese Begrüßungszeilen einleitet. Vielmehr ist es das „Wort Gottes“, das wir als erstes im Gottesdienst hören – auch wenn es uns durch den Pfarrer zugesprochen wird. „Die Begrüßung ist ein Segenswunsch von Gott her“ (Jo Hermanns). Wie ich finde, ein sehr schöner Gedanke, mit diesem Wunsch in den Gottesdienst starten zu dürfen. Uns wird die Gegenwart Gottes ins Bewusstsein gerufen. Diesen Gedanken unterstützt unsere Liturgie noch mit der Geste der ausgebreiteten Arme des Priesters oder des Diakons. Dies kann als Einladung, Begrüßung oder symbolische Umarmung gedeutet werden.

Die Begrüßungsformel steht aber nicht alleine. Direkt anschließend folgt die Antwort der Gemeinde „Und mit deinem Geiste.“ „Die Begrüßung hat eine dialogische Struktur und nicht nur sie allein, sondern die ganze Feier. Dem Gruß entspricht der Gegengruß, der Zusage des Heils und der Gnade die Annahme in Dankbarkeit.“ Durch die Antwort der Gemeinde wird deutlich, dass wir als Gemeinschaft der Gläubigen im Gottesdienst versammelt sind. „Gruß und Gegengruß lassen zur Eröffnung der Eucharistiefeier das Mysterium der Versammlung der Gemeinde durch, mit und in Christus in Wort und Zeichen aufleuchten.“

Doch nicht bei allen Gläubigen ruft die Antwort „Und mit deinem Geiste“ wohlwollen hervor. Sie wird als zu klerikal oder hierarchisch wahrgenommen. Es ist richtig, dass die aus dem Hebräischen stammende Wendung ursprünglich nichts Anderes als „Und auch mit dir.“ hieß. Erst im 4. Jahrhundert kam die theologische Deutung hinzu, verbunden mit dem Geist und der Amtsgnade des Priesters. Vielleicht hilft dabei der Gedanke, dass „der Gegengruß der Gemeinde […] als kleine Fürbitte für ihren Vorsteher verstanden werden [könnte], er möge seine Vorsteheraufgabe mit Hilfe des Herrn und in der von seinem Geist verliehenen Amtsgnade gut versehen.“ (Michael Kunzler)

„Der Herr sei mit euch.“ – „Und mit deinem Geiste“ – ein Wunsch der uns nicht nur am Beginn des Gottesdienstes mitgegeben wird. Die Begrüßung ist immer Zuspruch der Liebe und Fürsorge Gottes an die Gemeinde und kehrt deshalb an Höhepunkten des Gottesdienstes wieder: beispielsweise vor dem Beginn des Evangeliums oder aber direkt vor dem Hochgebet werden diese Worte von der Gemeinde und dem Priester gesprochen. Den Schluss bildet dann der Segen.

Vielleicht nehmen Sie die Gedanken mit in die nächsten Gottesdienste. Vielleicht versuchen Sie zu Beginn des nächsten Gottesdienstes die Begrüßung nicht nur automatisch mitzusprechen, sondern sich bewusst zu machen, was damit gemeint ist: Gottes Segenswunsch an uns. Wir sind ihm wichtig, er ist dann mitten unter uns, wie wir floskelhaft so schön sagen. Er nimmt sich Zeit für uns, ist bei uns. Ich werde es auf jeden Fall beim nächsten Mal versuchen.

Christian Verhufen

Zitate aus: Werner Groß, Immer und überall danken. Die Eucharistie verstehen und feiern, Ostfildern 2000.

Stolpersteine in der Liturgie – eine neue Reihe

„Da stolpere ich immer wieder drüber.“ Geht es Ihnen auch so? Dass Sie über bestimmte Worte und Riten unseres Gottesdienstes immer wieder „stolpern“. Worte und Riten, die einem fremd sind, die ich nicht recht verstehe, die keinen Sinn ergeben, die antiquiert erscheinen, die man doch streichen könnte …

Im Pastoralteam haben wir solche Worte und Riten gesammelt und wollen mit persönlichen Gedanken und kurzen theologischen Erklärungen helfen, einen neuen Zugang dazu zu finden. Wir freuen uns auf Rückmeldungen. Teilen Sie uns gerne auch mit, worüber Sie in der Liturgie, im Gottesdienst der Kirche, immer wieder stolpern.

Herr – Kyrie eleison

„Oh Herr, ich danke dir!“ – „Herr, ich bitte dich!“ – Viele von uns werden ganz selbstverständlich so beten. Sie reden Gott oder Jesus so an. Durch die Gebetssprache des Gottesdienstes sind wir es so gewohnt. Aber auch durch das biblische Zeugnis. Im Alten Testament wird Gott mit „Adonaj“ (Herr) angesprochen. Wo der Gottesname JHWH steht und die Juden an dessen Stelle „Adonaj“ lesen, steht in der neuen Einheitsübersetzung nun „HERR“. Auch Jesus betet zu Gott: „Herr, ich danke dir …“ Und Thomas sagt zum auferstandenen Christus: „Mein Herr und mein Gott.“

Es hilft ein wenig, in die Geschichte der Liturgie zu schauen, auf das „Kyrie“ bzw. „Kyrios“, das griechische Wort für „Herr“. Der Ruf „Kyrie eleison“, der ja nicht nur in der Messe verwendet wird, „ist eines der ehrwürdigsten Gebete der Christenheit und gemeinsam liturgisches Gut aller Kirchen“(Angelus Häußling). Er reicht bis weit in die Antike zurück. „Der Verehrer des Sol invictus (des unbesiegten Sonnengottes) betete auf dem Dach seines Hauses zur aufgehenden Sonne hin sein Morgengebet: Kyrie eleison. Es ist das große Stoßgebet des Sonnenkultes, vielleicht der glühendste Ruf der antiken, der heidnischen Frömmigkeit … Wenn ein Triumphator über das römische Forum die Via Sacra zum Kapitol hinauffuhr, dann klang ihm von allen Seiten, von den Soldaten und aus der Volksmenge in endlosen Litaneien entgegen: Kyrie eleison. Wenn einer der Kaiser zum Staatsbesuch, „Epiphania“ genannt, in eine Stadt kam, rief man ihm zu „Kyrie eleison“. Was das „Hurra“ des 19. Jahrhunderts,

das „Heil“ der hitlerischen Ära, das „Ho Chi Minh“ der studentischen Revolten um 1965 bedeutete, war das „Kyrie eleison“ in der antiken Welt – ein etwas unartikulierter, halb militärischer, halb demonstrativer Jubelruf, mit anderen Ausrufen zur unendlichen Litanei verbunden“(Theodor Schnitzler).

Schon früh hat die Kirche diese volkstümliche Anrufung für ihre Gebete und Gottesdienste übernommen. Im Philipperbrief wird klar, wem so zugerufen wird: „Jesus Christus ist der Herr“(Phil 2,11). Der Ruf Kyrie eleison ist von Anfang an in der Kirche ein Christusruf. Die römische Liturgie übernimmt um 500 die griechische Kyrielitanei. Sie steht am Beginn der Messe und dient als Prozessionsgesang. „Das Kyrie ist lobpreisende Anrufung Christi und flehende Bitte um sein Erbarmen, Gesang aller Mitfeiernden im Wechsel zwischen Kantor/Schola/Chor und Gemeinde; … Im Regelfall besteht es aus sechs Rufen, kann aber mit anlassgemäßen Einschubtexten (Tropen) ergänzt werden“(Werner Groß). Das Kyrie behält so seine Spannung zwischen Lob und Bitte. Zahlreiche Vertonungen in Orchestermessen bringen das musikalisch eindrucksvoll zur Geltung.

Kyrie eleison – Herr, erbarme dich. Zu Beginn der Messe die Anrufung Jesu Christi, den wir als Auferstandenen in unserer Mitte Wissen. Als Antwort auf die Fürbitten der flehentliche Ruf zu dem, der Herr ist über Zeit und Ewigkeit. Im persönlichen Gebet gesprochen, der Ausdruck, dass ich als Mensch ihm, dem Unendlichen, gegenüberstehe, dass er auch Herr über meine Lebenszeit ist und mir Ewigkeit verheißt, dass er sich meiner erbarmen und mir heilsam nahe kommen möge.

Für manche heute ist dieses „Herr“ zu männlich, zu patriarchalisch. Aber es lässt sich nicht einfach gendergerecht umformulieren, ohne dass seine Tradition und sein Sinnzusammenhang verlorengehen würden. Es bringt bei aller Einseitigkeit einen wichtigen Aspekt unseres Glaubens zum Ausdruck und reiht uns in eine Gebetstradition ein, die bis an den Anfang der Kirche zurückreicht. Aber selbst in der Liturgie ist es nicht die einzige Weise, wie der dreifaltige Gott angesprochen wird. Und im persönlichen Beten sicher noch weniger.

Klaus Kempter

Zitate aus: Werner Groß, Immer und überall danken. Die Eucharistie verstehen und feiern, Ostfildern 2000.

 

Hinführungen zu den Lesungen

„Probephase" hat begonnen

Im Sonntagsgottesdienst werden in der Regel drei Lesungen vorgetragen:

    - ein Text aus dem Alten Testament,

    - eine Lesung aus der Apostelgeschichte oder der Brief-Literatur

    - und das Evangelium.

Über das Evangelium wird häufig gepredigt, die Lesungen kommen da weniger „zum Zug". Manche Lesungen sind nicht so einfach zu verstehen. Ihre Sprache oder Bilderwelt ist uns fremd. Der Zusammenhang, in dem sie steht, ist oft nicht bekannt. Sie handelt manchmal von religiöser Praxis aus einer fernen Zeit.

Von Ludwig Wamsler, einem unserer Lektoren und Wort-Gottes-Feier-Leiter, kam deshalb die Anregungen, die Lesungen mit hinführenden Worten einzuleiten. Diese Hinführungen sollen keine „vorausgehende Predigt" sein, ebenso wenig eine exegetische (bibelwissenschaftliche) Einführung, sondern Gedanken, die wie ein „Hör-Schlüssel" wirken. Worte, die den Hörern helfen, die Lesung mit unserer und ihrer Lebenswirklichkeit in Verbindung zu bringen.

In der nächsten Zeit werden unsere Lesungen (immer wieder) durch solche Hinführungen eingeleitet. Dabei wird die Hinführung und die Lesung von zwei verschiedenen Lektoren vorgetragen, damit der Unterschied auch stimmlich deutlich wird. Gelegentlich entfallen sie auch, wenn der Text so klar und deutlich spricht, dass sie nicht nötig sind oder wenn über die Lesung gepredigt wird. Nach einer „Probephase“ wollen wir im Kirchengemeinderat darüber beraten, ob diese Praxis fortgesetzt wird. Rückmeldungen aus der Gemeinde sind also willkommen!

Wer am Verfassen dieser Hinführungen mitarbeiten will und damit Interesse an einer intensiven Beschäftigung mit den Bibeltexten hat, kann sich bei Ludwig Wamsler oder Pfarrer Klaus Kempter melden

Das AMEN am Schluss des Hochgebets

„Das letzte Wort im Hochgebet aber hat die Gemeinde. Nach ältestem Brauch kommt ihr das bestätigende und bekräftigende Amen zu. Im 3. Jahrhundert wurde das besondere Vorrecht der Gemeinde in der Eucharistiefeier so zusammengestellt: das Hochgebet hören, das Amen rufen, am Tisch des Herrn stehen und die Hände zum Empfang der heiligen Speise ausstrecken. Ein Bild, das Augustinus gerne gebraucht hat, ist geradezu klassisch geworden. Amen rufen heißt: seine Unterschrift geben. Alle sind eingetreten in die Hingabe, in das große Ja Christi zum Willen seines himmlischen Vaters. Deshalb rufen alle am Ende des großen Gebetes wie aus einem Munde: Amen!"

(aus „Immer und überall danken – die Eucharistie verstehen und feiern"                      von Werner Groß)

In unseren Gemeinden bekräftigen wir das Amen nach dem Hochgebet am Sonntag durch das dreifach gesungene Amen.

Stehen und Knien während des Gabengebets und des Hochgebets

Zur Mitfeier unserer Gottesdienste gehören wesentlich die verschiedenen Körperhaltungen. Wir stehen, knien und sitzen und bringen damit äußerlich unsere innere Haltung zum Ausdruck.Im Liturgieausschuss in Öhringen und in beiden Kirchengemeinderäten haben wir darüber beraten, welche Haltung beim Gabengebet und während des Hochgebets angemessen ist.

Das Gabengebet nach dem Bereiten von Brot und Wein auf dem Altar ist eines der Vorstehergebete. Bei diesen Gebeten ist vorgesehen, dass alle Mitfeiernden stehen. Deshalb können wir uns beim Gabengebet erheben, wenn der Priester mit den Worten„Lasset uns beten" dieses Gebet einleitet.

Beim Hochgebet wird in vielen Kirchen die ganze Zeit gekniet. Anderswo erheben sich die Gläubigen nach der Wandlung. Auch das Messbuch geht von beiden Möglichkeiten aus. In unseren Gottesdiensten gibt es ebenfalls keine Einheitlichkeit. Die meisten knien während des ganzen Hochgebets. Jene, denen das lange Knien aber beschwerlich ist, setzten sich gleich oder nach der Wandlung.

Wir haben überlegt, dass folgende Lösung sinnvoll wäre:

Nach dem Heilig-Lied, d. h. während der Wandlung, knien alle, denen es möglich ist. Ansonsten ist das Stehen die angemessene Haltung während der Wandlung.

Nach dem „Geheimnis des Glaubens" können wir uns erheben und stehend das Hochgebet weiter mitfeiern.Es ist aber jedem unbenommen, dennoch knien zu bleiben.

Ich bin sicher, dass diese kleinen Änderungen sich bald bei uns „eingespielt“ haben und wir so weiterhin mit dem ganzen Leib würdig Gottesdienst feiern können.

Pfarrer Klaus Kempter

Ein Wort zur Praxis

Kommunion in beiderlei Gestalt

Einmal im Monat wird in unseren Gemeinden die Kommunion in beiderlei Gestalt gereicht. Dies geschieht durch das Eintauchen der Hostie in den Kelch mit Wein.

Diese Praxis bedarf eines sorgsamen Umgangs sowohl bei den Kommunionspendern als auch bei denen, die die Kommunion empfangen. Achtsamkeit ist gefragt im Blick auf den Umgang mit den eucharistischen Gaben (Leib und Blut Christi!). Sorgsamkeit ist aber auch gefragt im Blick auf Aspekte der Hygiene.

Die Kommunionhelfer halten vor den Kelch das Kelchtüchlein, über dem die Kommunikanten die eingetauchte Hostie sofort verzehren. Dies dient dazu, mögliche Tropfen aufzufangen und zu verhindern, dass diese auf den Boden fallen. Diejenigen, die die Kommunion empfangen, tauchen die Hostie so in den Kelch ein, dass nur die untere Hälfte in den Wein getaucht wird. Es ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass nicht die Finger in den Wein eingetaucht werden. Die Kommunionhelfer halten den Kelch dazu etwas schräg, damit das Eintauchen leichter möglich ist. Glutenfreie Hostien Ein Angebot für Menschen, die an Zöliakie leiden.

Menschen, die an Zöliakie leiden, können die normalen Hostien, die aus Weizenmehl gefertigt wurden, nicht verzehren. Für sie gibt es so genannte glutenfreie Hostien. Wir halten diese in Öhringen in einer eigenen Hostiendose bereit. Diese wird am Samstag und am Sonntag von einem Kommunionhelfer immer in die Seitenkapelle mitgenommen. Menschen, die diese Hostie empfangen wollen, können den Kommunionhelfer dann einfach darauf ansprechen (sofern er/sie die Personen nicht schon kennt).

Wer in Neuenstein oder in den Werktagsgottesdiensten glutenfreie Hostien empfangen möchte, soll sich bitte vor dem Gottesdienst in der Sakristei melden.

Was erbitten Sie von der Kirche Warum Mütter und Väter ihr Kind taufen lassen.

Am Beginn des Taufgottesdienstes werden die Eltern gefragt: Was erbitten Sie von der Kirche? Natürlich, die Taufe! Was auch sonst? Doch der Ritus verlangt, dass sie das klar und deutlich sagen. Denn ihre Entscheidung hat Konsequenzen. Die Eltern versprechen danach nämlich, alles, was ihnen möglich ist, zu tun, damit ihr Kind eine Beziehung zu Gott aufbauen, seinen Platz in der Kirche finden und den eigenen Glauben entwickeln kann. Deshalb ist es mehr als wichtig und richtig, dass die Eltern sich Gedanken machen, was sie da eigentlich wollen, wenn sie ihr Kind zur Taufe in die Kirche bringen.

Bei uns werden die Eltern eingeladen, ihren Taufwunsch persönlich und mit eigenen Worten zu formulieren. Sie antworten auf die Frage:

                                 „Was erbitten Sie von der Kirche?"                                       

                                        nicht nur: „Die Taufe".

Eine Mutter hat vor ein paar Wochen folgende Antwort gegeben auf die Frage, warum sie ihren kleinen Sohn taufen lässt:

„Ich bitte um die Taufe von Franz, denn ich wünsche mir, dass er die Gemeinschaft der Kirche erfahren, und aus ihr Kraft und Vertrauen schöpfen kann".

Ich möchte, dass er die Möglichkeit hat, in Gottes Geborgenheit aufzuwachsen, Jesus Christus kennen zu lernen, und sich vom Heiligen Geist inspirieren zu lassen.“

Das war nicht nur eine Antwort im Ritus der Taufe, sondern ein Glaubenszeugnis!